Unsere erste Pauschalreise, wie aufregend! Bisher haben wir immer alles selbst organisiert, wir wussten gar nicht wie das funktioniert: dieses „Nichtstun“. Doch Theorie und Praxis gehen manchmal eigene Wege, gerade wenn man mit Rollstuhl verreist…
Startschuss jeder Reisefreude ist natürlich erst einmal die Buchung beim Anbieter. Diese buchten wir (spontan wie wir sind) ca. 1 Monat vor Abreise und das verlief auf der Webseite soweit problemlos. Die Mitnahme des Rollstuhls haben wir, aus Mangel an Wahlmöglichkeiten, im Kommentarfeld angemeldet. Ab der Bestätigung sollte bei einer Pauschalreise nun alles seinen geregelten (aufwandsarmen) Gang gehen, haben wir gehört.
Durch unser Insider-Wissen aus vorangegangenen Flugreisen wussten wir, dass eine Anmeldung des Rollstuhls bei der Airline und dem Flughafen erforderlich ist. Also fragten wir uns nach ein paar Tagen, ob das funktioniert hätte. Zur Sicherheit rief ich beim Veranstalter (nicht der Anbieter) an – man kennt ja die Unwägbarkeiten. Die nette Stimme am Telefon war dann auch recht erstaunt, fand aber schnell den Kommentar. Freundlich wurden dann alle Daten aufgenommen: Maße und Gewicht des Rollis, Hilfestellungen am Flughafen und Flugzeug. Zum Schluss wurde mir der Hinweis gegeben, dass ich den Schwerbehindertenausweis an den Anbieter schicken muss, der alles Weitere in die Wege leitet. Ich denke, wir alle wissen spätestens jetzt, dass dies ein knappes Spiel wird! Die mir überlassene E-Mail-Adresse verwendete ich auch sofort, um die Kopie meines Ausweises an den Anbieter zu senden. Die automatische Standard-Antwort, dass viele Mitarbeiter ganz beschäftigt sind, bestätigte noch einmal, dass es knapp werden wird.
Kurz darauf bekamen wir auch unsere Reiseunterlagen mit vielen wichtigen Informationen, nur Informationen zur Anmeldung des Rollstuhls waren nicht enthalten. Die vielen Mitarbeiter waren also noch mit meiner Mail und der Kopie beschäftigt. Ich rief nochmals an und schrieb eine Mail, um meine Hilfe anzubieten. Und endlich, 1 Woche vor Abflug, erhielten wir die Antwort: Der Rolli muss über die Webseite der Airline durch uns angemeldet werden, man könne das nicht übernehmen.
Liebe Anbieter & Veranstalter, an dieser Stelle 2 Ideen:
- Integriert doch in Eure Webseiten die Möglichkeit, alle benötigten Informationen zu einem Rollstuhl anzugeben. Dann könntet Ihr die Anmeldung übernehmen und eine Pauschalreise ist das, was sie sein soll.
- Wenn Ihr auf eine Webseite verweist, schickt doch bitte gleich den Link mit.
Nun ja, die aufgeräumte Webseite der tunesischen Airline war schnell gefunden und auch die Anmeldung des Rollis war nur wenige Klicks später erreicht. Schnell die Maße und das Gewicht des Rollstuhls angegeben (WCMP) und die benötigte Hilfestellung am Flughafen ausgewählt (WCHR), das war‘s auch schon – erfrischend fluffig!
Eine Frage stellte sich mir: Was wäre passiert, wenn wir vorher noch niemals mit Rollstuhl verflogen wären?
Möglicherweise ganz ähnliches wie am Flughafen Leipzig/Halle. Hier wollten wir nämlich abfliegen. Als Rollstuhlfahrer bin ich angehalten mindestens 2 Stunden vor Abflug am Flughafen zu sein, damit alles reibungslos läuft – das haben wir geschafft! (Kleine Anmerkung: meist ist das auch nötig) Die Info-Tafel zeigte auch alle CheckIn-Schalternummern an und bei unserem stand: nix! Das ließ uns schon schmunzeln, denn es versprach spannend zu werden und so gingen wir erst mal einen kleinen Snack essen.
Nach ca. einer halben Stunde tauchten die lang ersehnten Nummern auf und schon sahen wir eine sich schnell fortbewegende Masse… alle rannten zum Schalter und wir mittendrin. So hatten wir es relativ günstig erwischt und standen recht weit vorn. Trotz der fortgeschrittenen Zeit mussten wir uns also keine Gedanken machen, würden rechtzeitig den CheckIn durchführen und stressfrei zum Flugzeug gelangen.
Plötzlich setzte sich die Masse zu unserem Erstaunen jedoch in schnelle Bewegung. Uns wurde ebenfalls gedeutet, an eine andere Schalternummer mit zu gehen. Unterwegs erfuhren wir die neue Schalternummer und dass das Gepäckband den Dienst versagt hatte. Als wir nun da ankamen, standen wir ganz hinten in der Schlange. Jetzt wurde ich doch ein bisschen nervös! Ihr müsst dazu wissen, dass es nicht jeder Flughafen unproblematisch schafft, einen leichtgewichtigen Aktivrollstuhl in einen Flugzeugbauch zu verladen. Wir hatten da schon ein wenig Erfahrung… Mit diesem Wissen drängelten wir uns – auch mit Hilfe von Mitreisenden – von ganz hinten nach ganz vorn. Hinter mir hörte ich es raunen, was der Rollifahrer sich denn da erlaubt, der kann doch genauso warten wie alle anderen… Ja das kann er, ist aber besser wenn er es nicht tut!
Am Schalter guckte ich dann in das verdutzte Gesicht des Personals, und lächelte. Ich konnte förmlich lesen, wie es in Ihrem Kopf „Ein Rollstuhlfahrer, was nun?!“ auf und ab ging. Und der Rollstuhl musste auch noch mit! Hektisch telefonierte Sie eine Weile und bat uns auf die Flughafenfeuerwehr zu warten (das ist übrigens die standardisierte Vorgehensweise). Der Rollstuhl sollte dann mit dem Sperrgepäck verladen werden (ok, das ist neu, bisher konnte ich immer mit Rolli zum Flugzeug). Also warteten wir.
Als die Flughafenfeuerwehr nach 20 Minuten eintraf, ging es los zum Sperrgepäck. Dort sagte man uns, dass eigentlich schon alles verladen ist, denn der Flieger flöge ja gleich los. Wir wollten es trotzdem versuchen und ich wechselte schnell in den Flughafenrolli: nicht das modernste Modell und schwer in der Kurvenlage. Die Männer vom Sperrgepäck taten nun wirklich ihr Bestes meinen Rollstuhl durch die Röntgenmaschine zu bekommen, mussten aber nach wenigen Minuten aufgeben: zu dick, danke das weiss ich selbst 😛 Wir nahmen es alle mit Humor und ich wechselte zurück in meinen Rollstuhl. Ab jetzt lief, auch Dank der beiden von der Feuerwehr, alles wie geschmiert. Wir gingen durch die Sicherheitskontrolle, und ich wurde wie üblich etwas genauer geprüft. Dann ging es direkt zum Flieger, wo ich aus dem Rollstuhl und dieser in den Flugzeugbauch geladen wurde. Mit den beiden von der Feuerwehr war das echt eine kurzweilige und humorvolle gemeinsame Zeit – war schön und erfrischend euch kennenzulernen, danke!
An Bord des Flugzeuges wurden wir von sehr freundlichem Personal in Empfang genommen und auf unsere Plätze gewiesen. Die Stewardessen und Stewards haben eine sehr angenehme Atmosphäre geschaffen, in der wir uns wohl fühlten. Der Flug verlief dann auch reibungslos, und mit einem schönen Tagesausklang am Horizont. Wir waren gespannt, welche Erfahrungen in Tunesien auf uns warten.
In Tunesien wurden wir direkt vom Flieger mit einem Hubwagen abgeholt. Das ist ein kleiner Lkw mit einem Container auf der Ladefläche, der zur Flugzeugtür hoch und runter gefahren werden kann. In dem Container konnte wir Platz nehmen und wurden dann bis zum Eingang des Flughafengebäudes gefahren. Ein Begleiter kam mit einem Rollstuhl und brachte uns zur Passkontrolle und danach zum Gepäckband. Darauf kam nach kurzer Zeit mein Rollstuhl angefahren und danach unsere Koffer. Unser freundlicher Begleiter brachte uns noch zum Reiseveranstalter und verabschiedete sich. Das alles ging schnell und ganz problemlos, Respekt, so soll es sein!
Vom Veranstalter bekamen wir nun einen Bus zugewiesen, mit dem wir zum Hotel gebracht werden sollten. Am Bus angekommen stellten wir fest, dass dieser schon gut gefüllt war. Der Fahrer hat noch versucht ein freies Plätzchen für den Rollstuhl zu finden, sagte dann aber das er nicht passen würde. Das sahen wir ein bisschen anders, also haben wir kurzerhand die Räder abgebaut und alles zusammen mit den Koffern verstaut. Da ging auch ein kleines Lächeln über das Gesicht des Fahrers. Nach ca. 1,5 Stunden Fahrt waren wir dann am Hotel angekommen, und trotz der späten Stunde gab es noch ein toll vorbereitetes Abendbrot.
Im Hotel wurde uns ein Zimmer im Erdgeschoss zugewiesen, da kein Fahrstuhl vorhanden war. Damit hatten wir keinen Meerblick wie in der Buchung angegeben, das klärten wir später unkompliziert mit der Reiseleitung und bekamen den Differenzpreis ausgezahlt. Das Zimmer war geräumig und sogar mit Badewanne ausgestattet. In den nächsten Tagen stellte sich heraus, dass ich jeden Ort im weitläufigen Hotel-Areal erreichen konnte, auch wenn manchmal ein kleiner Umweg zu rollen war. Wenn die ein oder andere Auffahrt nicht ganz so steil gewesen wäre, würde es fast das Attribut barrierefrei bekommen. Das Personal war jederzeit freundlich und immer zur Stelle. Vor allem die Animiezels (kathleenisch für Animateure) waren während der ganzen Zeit gut drauf und haben für gute Stimmung gesorgt. Vor allem die Abendveranstaltungen haben Sie immer gut vorbereitet und für Kurzweiligkeit gesorgt.
Am ersten Morgen gingen wir ganz gespannt zum Frühstück. Im Gegensatz zu Kathleen bin ich ein Frühstücksmensch und die Qualität des Hotels bemisst sich schon alleine daran. Aber was uns da geboten wurde, konnten wir uns vorher gar nicht ausmalen. So ein üppiges Buffet mit leckeren Speisen haben wir nicht erwartet. Es gab alles was man sich nur vorstellen kann: Wurst (die zugegebenermaßen etwas eigenartig war, aber schmeckte), Käse, süße Aufstriche, Müsli, Obst, Gemüse, warme Sachen (z.B. Milchreis, Plinze), Ei in allen Formen und und und… und zu allem Überfluss auch noch süße Stückchen! Die waren so herrlich lecker und zu jedem Essen unser Begleiter. Also packten wir uns die Teller voll und suchten uns einen Platz. Nun kam Kathleen zum Zuge, denn jetzt stellten wir fest, dass es eine überdachte Terrasse direkt am Sandstrand gab und wir suchten uns natürlich ganz vorne einen Platz mit Meerblick. Das war genau nach ihrem Geschmack. Das hatten wir nun jeden Tag, nicht nur früh, sondern auch mittags und abends: wechselndes Buffet mit herrlichem Ausblick. Und um der ganzen Sache noch die Krone aufzusetzen, lief ein Kamel durchs Bild – herzlich willkommen im Urlaub! Was ein Luxus – All Inclusive forever…
Natürlich wollten wir auch ein paar Unternehmungen machen. Dazu mussten wir uns als erstes Geld besorgen. Im Land wird mit tunesischen Dinar bezahlt und der Kurs ist ungefähr 1:3. Da das Hotel keinen Geldautomaten hatte, war unser erstes Ziel ein Automat knapp 1,5 km entfernt. Um auch gleich was von Land und Leuten zu sehen, gingen wir also zu Fuß und Rad los. Wir wussten ja noch nicht, dass dies schon das erste kurze tolle Abenteuer für uns werden sollte. Wir lernten schnell, dass die Barrierefreiheit in Tunesien (jedenfalls in diesem Teil) nicht ganz so großgeschrieben wird. Selbst wenn es einen Fußweg gibt, heißt das nicht, dass dieser gefahrlos zu benutzen ist. Plötzliche Einschnitte oder tiefe Löcher mussten gekonnt umfahren werden. Das ist, selbst wenn man Bordsteinkanten fahren kann, bei der Höhe der Bordsteinkanten eine Herausforderung. An der (zwei- oder je nach Bedarf mehrspurigen) Hauptstraße gab es dann nur einen kleinen Trampelpfad. Ich entschied mich also, noch eine weitere Spur zu eröffnen und rollte am Rand der Straße entlang.
Beim Geldautomat angekommen, mussten wir feststellen, dass dieser kein Geld mehr hatte. Da der nächste Automat genau in der anderen Richtung (an unserem Hotel vorbei) stand, winkte Kathleen uns das nächste Taxi heran. Es war ein größeres Taxi, so dass auch der Rollstuhl im Ganzen reinpasste. Während der Fahrt verständigten wir uns mit Händen und Füßen mit dem freundlichen Taxi Fahrer und ließen uns dann auch noch zum Hotel fahren. Natürlich gab es auch ein ordentliches Trinkgeld. Der Fahrpreis in Tunesien ist so günstig, dass wir beschlossen, ab jetzt immer ein Taxi zu nehmen. Meistens mussten wir den Rolli dann zwar auseinander bauen, aber gepasst hat er immer. Man sollte nur drauf achten, dass das Taxameter angeschalten wird und keinen Pauschalpreis akzeptieren.
Im Hotel zurück, buchten wir mit dem neu erworbenen Geld direkt bei Ali (sehr netter externer Mitarbeiter des Hotels) eine Quad-Safari und eine Kamel-Karawane. Auf die Nachfrage, ob das alles mit Rollstuhl ginge, bekamen wir die Antwort, dass es kein Problem sei, da es von Allah gegeben wäre und deswegen genauso alles machbar ist. Diese Einstellung wünscht man sich und haben wir in Tunesien auch täglich von den Menschen erlebt. Danach machten wir es uns am Strand gemütlich und versuchten, der blassen Haut ein wenig Farbe zu verpassen.
Endlich lernten wir nun auch die Reiseleitung am 3. Tag kennen. Die Dame war recht witzig und erzählte uns, dass wir auf jeden Fall bei Kaufgeschäften handeln müssten, mindestens auf 30%. Und Expeditionen bei Einheimischen sollte man auf keinen Fall machen. Natürlich hatte das versicherungstechnische Gründe, denn den Veranstalter kann man in Regress nehmen, wenn etwas passiert. Aber bestimmt ist das auch ein bisschen Konkurrenzkampf, dachten wir. Auf unsere Nachfrage, ob es bei einheimischen Expeditionen gefährlich im Hinterland sein könnte, gab es die knappe Antwort: „Ein bisschen Schwund ist immer“. Ich sagte ja, die Dame ist witzig… Nachdem wir die Preisliste des Veranstalters dann gesehen hatten, wussten wir, dass auf jeden Fall der Hinweis zum Handeln ernst gemeint war – Neuankömmlinge sollten also vor Ali auf der Hut sein!
Nach einigen Cocktails bei herrlichem Sonnenschein am Pool, entschlossen wir uns nach Yasmine Hammamet zu fahren. Das ist das touristische Zentrum von Hammamet. Dort ließ uns das Taxi an der Medina aussteigen. Sogleich konnten wir auch erleben, wovor wir schon gewarnt wurden: Händler, die sich als Mitarbeiter des Hotels ausgaben und Dich in Ihr Geschäft locken wollen. Wir lehnten freundlich ab. Normalerweise ist die Medina die Altstadt, in diesem Fall jedoch wurde sie erst 2004 erbaut und ist ein großes touristisches Vergnügungszentrum mit Vergnügungspark. Die Hammametianer sind sehr stolz auf den
weltgrößten King Kong, der sich aufrichten und brüllen kann und an dem die Achterbahn vorbeifährt. Den Park haben wir nicht besucht und sind stattdessen durch die Stadt gerollt, um ein paar Geschäfte anzuschauen. Auch das war wieder eine kleine Herausforderung, da es keine abgesenkten Bordsteine gab. Zum Ausklang ließen wir uns mit einer Pferdekutsche zum Hotel zurückbringen. Wie so oft war der Rollstuhl kein Problem, der wurde einfach angesackt und eingepackt.
Natürlich ließen wir es uns auch nicht nehmen, die echte Medina von Hammamet zu besuchen. Die wunderschöne Altstadt ist von einer großen Mauer umgeben und kann durch mehrere Tore betreten werden. Die engen Gäßchen schützen bestimmt auch vor den heißesten Sommertagen im Jahr. Dort machten wir nun auch zum ersten mal Bekanntschaft mit echten Händlern. Obwohl wir nicht wollten, haben Sie es geschafft uns in Ihre Läden zu bringen. Meistens war es natürlich ein Laden in Familientradition und es wäre eine Beleidigung nicht rein zu gehen. Beleidigen wollten wir nun wirklich niemand! Aber es ist natürlich nur eine sehr gute Masche, die bei uns funktioniert hat. Nachdem wir in einigen Läden nichts gekauft haben, obwohl sich die Händler wirklich Mühe gaben, kam wie aus dem nichts ein Einheimischer, der uns ganz freundlich eine tolle Aussicht zeigen wollte. Obwohl die Medina ansonsten gut mit Rolli befahrbar war, konnte die Aussicht nur von Kathleen über eine 800 Jahre alte Treppe betreten werden. Welch netter Einheimischer! Ach ja und natürlich hatte er einen Laden in Familientradition, den wir uns nicht entgehen lassen konnten. Eine weitere Tradition ist es Pfefferminztee während der Preisverhandlung zu trinken. Wir verhandelten den Preis einer Gewürzmischung. Schließlich verließen wir den
Laden geschafft aber stolz wie Bolle mit dem auf 30% gehandelten Gewürzpaket. Dann verließen wir schnell die Medina, da uns die Verhandlung doch einige Anstrengung gekostet hatte.
Wir haben gelernt, dass Tradition in Tunesien eine große Rolle spielt. Für einen Deutschen wirkt es sehr aufdringlich und unangenehm. Aber auch wenn diese für uns unbekannte und anstrengende Vorgehensweise neu und ungewohnt war, ist es doch Alltag bei den Händlern. Man musste sich daran gewöhnen, nicht einfach durch einen Laden schlendern zu können und nach dem Blick auf den Preis eine Entscheidung zu treffen. Hier wurde der Preis jedes mal neu ausgehandelt. Du sagst dem Händler Deinen Preis, dieser stöhnt, dass seine Mutter ja auch noch was zu essen bräuchte, er Dich aber auch nicht arm machen möchte und nennt Dir seinen (viel zu hohen) Preis. Nach ein paar Minuten und evtl. bei einer Tasse Pfefferminztee trifft man sich bei einem für beide Seiten angenehmen Preis. Wir gewöhnten uns auch sehr schnell daran und ließen keinen Moment mehr aus, die Preise zu verhandeln. Wichtig war, dass beide Seiten sich beim Ergebnis wohl fühlen konnten. Natürlich möchte man nicht in jedem Laden etwas kaufen, in diesem Fall gewöhnten wir uns an, den Laden und seine Waren zu loben. Dies ließ meist auch einen zufriedenen und unaufdringlichen Händler zurück.
Als erste einheimische Expedition war nun die Quad-Tour dran. Wir waren wirklich gespannt, wie das ablaufen würde. Abgeholt wurden wir mit einem kleinen Bus, bei dem sich schnell ein vertrauenserweckendes Quietschen einstellte. Bei „genauerem“ Hinsehen konnte man auch feststellen, dass die Spaltmaße an keiner Stelle mehr in Ordnung waren. Aber das war nix ungewöhnliches, hier fuhr mindestens jedes 2. Auto so rum. Der Rollstuhl wurde wie üblich einfach angesackt, eingepackt und am Treffpunkt sicher verwahrt. Ich war mir da nicht so sicher… Aber da ich schon auf dem Quad saß und mich darauf erstaunlich wohl fühlte, ließ ich es drauf ankommen. Ich saß gegen meine Erwartungen wirklich gut und fest auf dem Quad, der Sitz war angenehm breit. Die Steuerung erfolgte nur mit den Händen: Gas geben rechts über einen kleinen Hebel mit dem Daumen, Bremsen links wie beim Fahrrad oder Motorrad. Es gab noch eine Bremse rechts, die war aber laut dem Veranstalter nicht funktionstüchtig und eine Bremse für den rechten Fuß, die aber außerhalb meiner Funktionsvielfalt lag. Direkt nach dem Losfahren prüfte ich also die Bremse links und musste feststellen, dass die versprochene Funktion mit viel gutem Willen vorhanden war. Kathleen bestätigte dasselbe bei Ihrem Mobil. Aber kein Spaß ohne Risiko und es gab ja noch die Motorbremse… Die Strecke führte uns ins Hinterland. Von Teerstraße über Kiesel und Sand bis hin zu Offroad mit großen Löchern war alles dabei. Und dieses kleine Quad (und sein Fahrer natürlich) meisterte das alles ohne große Probleme, was für ein Spaß!
Als nächstes erwartete uns nun die Kamel-Karawane, oder wie Kathleen zu sagen pflegte: die Karamele (Substantiv, zusammengesetzt aus Kamel und Karawane). Auch hier wurden wir wieder von dem Bus mit dem vertrauenserweckenden Quietschen abgeholt. Für die Karawane standen 3 Gefährte zur Auswahl: Pferde, Kutsche und natürliche Kamele (es stellte sich heraus, dass dies Andromedare waren). Ich entschied mich erstmal für die Kutsche. Da ich schon wusste, dass ich mich auf einem Pferd nicht gut halten konnte, wollte ich Kathleen erst mal das Kamel testen lassen. Hier bestätigt sich dann auch, dass viel Beinarbeit erforderlich ist, um sich auf einem Kamel zu halten. Vielleicht lag es daran, dass sie hinten saß (es können zwei Personen auf einem Kamel sitzen). Ich entschied mich dann doch lieber in der Kutsche zu bleiben, zumal auch andere Passagiere des Wüstenschiffs von der erforderlichen Beinarbeit redeten. Ich war damit voll zufrieden und Kathleen hatte viel Freude mit den Pferden und den Kamelen.
Doch leider geht jeder tolle Urlaub einmal zu Ende und so genossen wir zum Schluss noch einmal die Sonne am Pool. Schwermütig ob der tollen Tage ging es dann 04:30 früh mit dem Bus zurück zum Flughafen. Dort angekommen, stand kurz nach dem Betreten der Abflughalle schon ein Begleiter neben uns. Er fragte kurz nach unserem Ziel und führte uns schnell und unkompliziert zum CheckIn-Schalter und durch die Sicherheitskontrolle. Danach gingen wir zu unserem Gate. Auf dem Weg dahin sahen wir an Gate 1 ein großes unübersehbares Rollstuhlzeichen. Wir dachten uns erst mal nichts dabei, bis ein Flughafenmitarbeiter zu uns kam und uns dorthin verwies. Es hatte uns vorher keiner mitgeteilt, aber dieses unübersehbare Rollstuhlzeichen ist genau dafür da: für Rollstuhlfahrer. So warteten wir dort mit anderen Fluggästen, welche die unterschiedlichsten Reiseziele hatten. Kurz darauf kam dann auch der Hubwagen, den wir von der Ankunft schon kannten. Alle Fluggäste wurden dann mit diesem Hubwagen auf ihre Flugzeuge aufgeteilt. Noch einmal: Respekt, unkompliziert und problemlos!
Auch am Flughafen Leipzig/Halle lief diesmal alles wie am Schnürchen. Direkt beim Aussteigen bekam ich nach kurzer Wartezeit meinen Rolli und wir wurden von der Flughafenfeuerwehr zum Gepäckband und zum Ausgang gebracht. Fluchs noch das Parkticket am Info-Schalter ausgelöst und schon ging es mit dem Auto nach Hause.
Rückblickend haben wir einen tollen ersten Pauschalurlaub mit All Inclusive gehabt. Es ist sehr angenehm, sich um kaum etwas kümmern zu müssen. Allerdings war es gut, schon ein bisschen Reisewissen zu haben, um das fehlende Wissen des Anbieters auszugleichen. Wir lernten ein tolles Land und nette Leute kennen. Leider war die Barrierefreiheit nicht so gut, wie man es sich wünschen würde. Man sollte recht gut mit dem Rollstuhl umgehen können. Die gemachten Erfahrungen wiegen das aber bei Weitem wieder auf. Gerne wieder!

Danke Tunesien
Ich habe mit großer Begeisterung deinen Reisebericht
gelesen. Er ist wirklich gut gelungen. Die Fotos zeigen,dass ihr schöne Erlebnisse und Spass hattet.
Die Hinweise für Rollstuhlreisende finde ich gut. Alles
so gut geschrieben, dass ich beim Lesen fast mit auf
der Reise war.